CD des Monats bei Stereo: Beethoven Complete String Quartets, Vol. I

06.06.2013 | Wencke Wallbaum Award & Veröffentlichung & Künstler CD des Monats bei Stereo: Beethoven Complete String Quartets, Vol. I

Vollständige Rezension:
Stereo | 7/2013 (Juli) | Marcus Stäbler | 1. Juli 2013


Die Mitglieder des Quartetto di Cremona sind mit feurigem Temperament gesegnet. Das flammte schon vor zwei Jahren aus der CD mit Werken von Haydn und Bartók - und es springt den Hörer auch beim Start der neuen Beethoven-Gesamtaufnahme an. Wie ein Blitzschlag kracht der Beginn des f-Moll-Quartetts op. 95 in die Stille, dessen ersten Satz die italienischen Streicher in atemberaubendem Tempo durchrasen. Die virtuose Passage kurz vor Schluss bürsten sie mit einem Furor in die Saiten, dass einem der Atem stockt. Beethoven am Rande des Wahnsinns.

Wie unter Hochdruck beginnt auch das frühe Quartett op. 18,6. Dadurch bekommt das Allegro einen energischen, auf Dauer vielleicht etwas zu zornigen Ton, der die neckischen Anteile der Musik kratzbürstig verleugnet. Absolut packend dagegen das Scherzo mit seinen vertrackten Rhythmen und einem unglaublich rasanten Trio. Als spätes Quartett haben die Cremoneser das op. 135 für den Auftakt ihres Großprojekts ausgesucht. Und da zeigen sie neben erneuten Wutausbrüchen und zersplitternden Motiven auch die weichen Seiten der Musik. Wunderbar, wie der ganz leise Geigengesang im Lento von den anderen drei Instrumenten liebevoll eingehüllt und beinahe versteckt wird; wie die Streicher dann, im Mittelteil, geheimnisvoll raunen, als würden sie uns Beethovens intimste Botschaften zuflüstern.

Ob diese neue Gesamteinspielung auf Dauer an das herausragende Niveau der Artemis- und der Belcea-Aufnahme heranreicht, müssen die kommenden Folgen zeigen. Mit dem Auftakt setzt das im Jahr 2000 gegründete Ensemble jedenfalls schon mal ein Ausrufezeichen. Dass es bei Beethoven immer wieder Neues zu entdecken gibt, steht ohnehin außer Frage.



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